Sibirienreise (15)
Vom Baikal zurück nach Irkutsk
Leider, die Tage im Camp am Baikalsee
waren schnell vorbei und allen deuchte, der Abschied sei eine
Vertreibung aus dem Paradies.
Die jugendliche Betreuungsmannschaft
war noch einmal zum Abschied angetreten. Ihre letzte Belegung vor dem
großen Winter war in zwei Fischkutter eingestiegen.
Diesmal war nicht die ganze Strecke auf
dem Wasser zu bewältigen. Nach vier Stunden kam das Dorf Bolschoje
Galoustnoe ins Blickfeld. Es liegt am Rande eines baumlosen
Flussdeltas auf einer Schwemmlandzunge. Ein idyllisch gelegenes Dorf
war zu sehen, das in einem Film über Sibirien von Klaus Bednartz im
ZDF schon einmal zu sehen war.
Bei warmer Sonne am Strand vergnügten
sich Kinder beim Baden. Weil das Wasser extrem kalt war, lagerten sie
nach jedem Badegang um ein kleines Feuerchen. Das Dorf wird als eines
von ganz wenigen weiter als Touristenzentrum ausgebaut.
Ein Bus steht zur Weiterfahrt bereit.
Er lässt sich aber nicht starten. Der Fahrer muss unter den Bus, was
bei seinem Bauchumfang zum Problem wurde. Die Tour nach Irkutsk
zurück führt über eine Schotterpiste mit unzähligen Schlaglöchern
und faustgroßen Schottersteinen.
Nach einstündiger Fahrt tut es einen
fürchterlichen Schlag, der Bus kommt ins Schlingern, kann aber dann
doch am Straßenrand angehalten werden. Einen Vorderreifen hatte es
kanonenschussartig komplett zerfetzt. Ein Ersatzreifen war vorhanden,
aber die Radmuttern ließen sich nicht lösen.
Trotz Spray und roher
Gewalt gaben die Muttern nicht nach. Auch eine 2 Meter Verlängerung
am Maulschlüssel, an der 5 Männer ihr ganzes Gewicht einsetzten,
konnte die Schrauben nicht lösen.
Reiseleiterin Olga war aufgeregt, auf
dem Handy lag kein Netz an. Vorbei fahrende Fahrzeuge wurden
angehalten, bekamen eine Telefonnummer, die sie bei vorhandenem Netz
anrufen sollten für Hilfe.
Große Geländewagen der Spitzenklasse
rasten vorbei: Jeep, BMW, Mercedes. Die hielten allerdings nicht an
und schleuderten Schottersteine wie Geschosse über die Straße.
Fürchterlich heiß war es in der Einöde auch noch und alle mussten
sich unterhalb der Böschung verstecken vor den Fluggeschossen.
Kraftfahrer und unterstützende
männliche Reiseteilnehmer waren am Ende ihres Lateins und der
Kräfte. Da hielt ein sehr stark lädierter Kamas.
Ein kleines
Männchen im verlotterten Tarnanzug stieg aus, besichtigte den
Schaden, sprach kein einziges Wort, ging zurück zu seinem LKW,
murkste eine Weile in der Fahrerkabine herum und kam mit einem
aktentaschengroßen Gerät zurück, an dem eine Kurbel zu sehen war
und im Inneren viele Zahnräder.
Sein Gerät setzte er an die erste
Schraube drehte ohne große Kraftanstrengung die kurze Kurbel und
nach wenigen Umdrehungen löste sich die erste Schraube mit dem Knall
eines Pistolenschusses. Er löste alle Schrauben. Alle staunten. Dann
ging er wortlos zu seinem Fahrzeug zurück und fuhr davon.
Das Ersatzrad wurde montiert; es sah
schön aus, denn bei der letzten Lackierung des Busses war es mit
lackiert worden – knallrot!
Der Fahrer hatte sich notdürftig
gereinigt, war am Ende seiner Kräfte, brachte uns aber heil nach
Irkutsk zurück. Dort wurden auf dem Thermometer über +30°C
angezeigt ...
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