Besuch beim Schamanen
Sibirienreise (18)
Besuch beim Schamanen in Burjatien
Der kulturelle Teil mit Gesang und Tanz
war abgeschlossen und nun wurden wir in der Jurte des Schamanen
erwartet.
Ein Schamane, was war das doch gleich,
ein Zauberer, Medizinmann, ein spiritueller Spezialist in Sibirien,
einer, der über magische Fähigkeiten verfügt, der mit den
Altvorderen kommuniziert zum Wohle der Gemeinschaft, der Kontakte zum
Jenseits herstellen kann oder was?
Im vollen Ornat wurden wir vom
Schamanen empfangen. Er stellte sich und seine Funktionen in der
Gemeinde vor. Er sei weder Prediger noch Pfarrer, vermittle keine
Religion, habe keine Kirche oder Moschee, sei nur den Ahnen
verpflichtet zum Wohle der Gemeinschaft.
Seine Hauptaufgabe sei es, die
Lebensregeln der Ahnen am Leben zu erhalten. Er sei kein Medizinmann,
nutze aber die Naturheilkunde und das Wissen der Ahnen für die
Gesundheit seiner Gemeinschaft, wisse aber genau, wann jemand ins
Krankenhaus müsse. Er kläre kleine Rechtsstreitigkeiten selber,
größere Sachen übernähmen die Gerichte. Er berate bei
Eheschließungen, Ehestreitigkeiten und stehe Alten und Sterbenden
bei. Einen Hochschulabschluss habe er auch erworben …
Er wendete sich an einige Besucher, die
beim Eintritt ihre Hände auf dem Rücken verschränkt hatten und
fragte, ob sie denn wüßten, was sie ihren Schultergelenken antun
würden. Eine weibliche Besucherin kicherte darüber. Sie hatte die
Beine übereinander geschlagen. Ihr sagte er, dass sie durch eine
solche Sitzweise die Hüftgelenke schädige und mit 60 wohl eine
Hüftprothese brauchen würde.
Unsere mitreisende Koreanerin wurde
während des Gesprächs von einem Sonnenstrahl getroffen, der durch
eine Dachluke der Jurte fiel. Sie wurde aus der Masse herausgehoben
wie durch einen fokussierten Scheinwerfer. Sie sah sehr jung aus und
der Schamane bemerkte sie auch. Er wünschte ihr viele Kinder.
Schüchtern wendete sie ein, sie habe zwei Söhne von 16 und 18
Jahren. Das reiche ihr. Da lag er wohl daneben. Hochzeitsrituale
wurden erläutert und Hochzeitskleidung anprobiert.
Am Ende teilte er jedem ein Band aus,
dem wir unsere geheimsten Wünsch anvertrauen sollten. Nach dem
Einsammeln der Bänder wurden sie zu einer Spindel gebunden –
Männer/Frauen getrennt.
Als Altar reichte ihm ein kleiner Schemel.
Mit Milch, Feuer und Anrufung seiner Ahnen versuchte er unsere
Wünsche zu platzieren in einem Reich, das uns niemals zugänglich
sein würde.
Ein beeindruckender Tag ...
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