Sibirienreise (8) - Kleine Erlebnisse am Rande der Transsib

Sibirienreise (8)

Unterwegs in der Transsib - kleine Erlebnisse


Warum kaum jemand den Speisewagen aufsuchte, war während der ersten Bahnhofshalte zu sehen. Da konnten wir nur staunen, was Fliegende Händler in einer 100 Meter langen Reihe alles aus Taschen und Kartons anboten auf dem Bahnsteig. Alles war da, was man an Essen braucht: warme/kalte Speisen, Schnitzel, Salate, gebratene Hähnchen, Eierkuchen, Piroggen, frisches Brot, Bratkartoffeln, Kartoffelsalat, Brötchen, Gemüse, Salate, frisch geräucherte Fische, Obst, Südfrüchte u.v.a.m. Für wenig Geld bekam der Reisende alles in einem Plastbecher oder auf einem Pappteller serviert und verzog sich in sein Abteil.
In Kiosken auf dem Bahnsteig war ein großes Angebot vorhanden an Suppen u.a. Speisen, denen man nur noch kochendes Wasser zusetzen musste - fertig!

Eine jüngere Südkoreanerin, die seit einigen Jahren in Dortmund lebt, konnte sich immer nicht bremsen bei dem Bahnsteigangebot.
 
Sie kaufte viel zu große Gebinde frischer Heidelbeeren, schwarzer Johannisbeeren oder Grünzeug und musste dann durch die Abteile und anbieten. Mit ihr habe ich mich lange Zeit auf dem Gang beim Tee unterhalten und weiß nun sehr viel über das aktuelle Leben in Südkorea. Sie fährt jedes Jahr einige Wochen mit ihren Kindern in den Ferien zu Oma und Opa in ein kleines Dorf nach Südkorea.


Es ist schon mal gesagt worden, dass die Toiletten 20 Minuten vor und nach einem Bahnhofshalt zugesperrt werden - aus hygienischen Gründen, weil ja alles auf den Gleiskörper fällt. Das ist bekannt!
Hat man sich aber am Abend lange unterhalten, viel Tee getrunken und ab und zu mal ein kleines Wässerchen, dann muss man nachts mal raus. Wenn man dann feststellt, der Zug hält gerade auf einem Bahnhof, alle Toiletten sind abgeschlossen, dann bekommt man einen leichten Panikanfall. Also, raus auf den Bahnsteig zur diensthabenden Waggonchefin und das Leid geklagt.
Sieht sie alles ein, darf die Toilette aber trotzdem nicht öffnen – harte Anweisung! Mitleid aber war schon zu erreichen. Sie kam hinterher und teilte mit, in 2 Minuten fährt der Zug weiter. Oh Gott, oh Gott, sie darf aber erst in 20 Minuten aufschließen. Der Zug fährt, verschwörerisch zieht sie mich zur Toilette, schaut den Gang ihres Waggons entlang, geht in den nächsten Waggon, schaut, ob keine Kontrolle naht, schließt die Toilette auf und postiert sich davor. Das war Erleichterung und große Dankbarkeit! Wenn wir uns in den nächsten Tagen begegneten, lächelten wir uns verschwörerisch zu.

Irgendwann auf einem Bahnhof weit in Sibirien beim Beinevertreten kam die Köchin des Speisewagens auf uns zu. Sie brauchte eine neue Pelzmütze. Hier gab es ein großes Angbot aus edlen Fellen und extrem billig. Sie konnte sich nicht entscheiden.
Wir halfen, aber jeder hatte eine andere Meinung. Auf eine Mütze aus weißem Zobel konnten wir uns dann einigen, stimmten ab und die hat sie dann auch gekauft.
Einige Gegenstände sind besonders wichtig bei einer solchen Reise. Die wurden auf dem Bahnsteig von drei mitreisenden Frauen präsentiert: Toilettenpapier und Spezialschlüssel. Die Schaffnerinnen hängten immer wieder neue Rollen auf. Die waren aber immer gleich wieder weg. Also, man brauchte eine individuelle Rolle. Abteile, Fenster und Toiletten lassen sich nur mit einem Spezialschlüssen öffnen.
Den haben nur die Waggonschaffnerinnen. Aber, die Züge wurden in der DDR gebaut und kurioser Weise gibt es diese Schlüssel in deutschen Baumärkten heute noch zu kaufen. Die Ossis hatten einen solchen Schlüssel, die Wessis staunten und die Schaffnerinnen wunderten sich, dass die Abteile bei Abwesenheit verschlossen waren und keiner hatte sie darum gebeten ...



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